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WIE DU MIT EINER EINZIGEN SEQUENZ 75% IM MEDIENKONZEPT ABDECKST

by nico

In meinem Beitrag Nummer 9 habe ich dir versprochen, dass ich dir ganz ausführlich eine Sequenz zur Kläranlage vorstellen werde. Und weil du damit exemplarisch sehr viele Elemente einer Medienerziehung in deiner Klasse abdecken kannst, will ich dir in diesem Artikel Schritt für Schritt Hilfen und Materialien zu diesem Thema an die Hand geben.

 

Zuerst einmal möchte ich dir aber einen Überblick über die Sequenz und die Inhalte dieses Artikels geben:

 

Schritt 1: Planung mit den Schülern

Wenn du mit deinen Schülern ohnehin einen Unterrichtsgang zur örtlichen Kläranlage vorhast, dann empfehle ich dir, deine Kinder bei der Kontaktaufnahme mit der zuständigen Person der Kläranlage – nennen wir diese mal Herr Rechen – einfach mit ins Boot zu holen! Den ersten Anruf bei Herrn Rechen wirst du noch alleine machen: 

Plane mit ihm einen Termin ungefähr drei Wochen nach der geplanten ersten Unterrichtsstunde, vereinbare mit ihm einen Termin für ein weiteres Telefonat während des Unterrichts zwischen ihm und den Kindern, bitte ihn um Erlaubnis, dass vor Ort auch Videos gedreht werden dürfen, und frag ihn nach konkreten Plänen zur Kläranlage oder weiteren speziellen Informationen, die vor Ort wichtig sein könnten (und ob du diese weiter benutzen darfst).

Die allgemeinen Informationen zur Kläranlage und die besonderen Materialien, die du eventuell von Herrn Rechen erhalten hast, könntest du beispielsweise auf die Homepage der Schule hochladen (oder einfach meinen Flipped Classroom nutzen, den ich dir in meinem Beitrag Nummer 15 genau erkläre. Weil er dir dein Leben wirklich erleichtern kann). 

Warum? Weil du so kurz nach der Nennung des neuen HSU-Themas deinen Schüler schon die erste Hausaufgabe dazu aufgeben kannst, noch bevor du die Sequenz im Unterricht wirklich begonnen hat: Egal ob du die Materialien selbst hochgeladen hast oder meinen Bereich dazu nutzt, deine Schüler können jetzt das Internet in einem von dir abgesegneten Bereich zur Recherche nutzen! Gib deinen Schülern für diese Hausaufgabe zwei Aufträge mit:

 

  1. Aus welchen Bausteinen besteht eine Kläranlage?
  2. Schreibe zu jedem Baustein einen Satz auf, der seine Funktion beschreibt.

Und falls du es nicht mehr weißt: Es sind sieben Bausteine, aus denen sich eine Kläranlage zusammensetzt. Und deine Kinder werden diese schon vor deiner ersten Unterrichtsstunde herausfinden, ihre Hauptaufgabe beschreiben können und mit einem Vorwissen in die Schule kommen, an dem du inhaltlich weiter arbeiten kannst!

 

Deine erste Unterrichtsstunde könnte so aussehen, dass du Kinder fragst, welchen Baustein der Kläranlage sie am spannendsten fanden. Lass sie auf dieser Basis in Interessen-Gruppen zusammenkommen, die im Idealfall zwischen drei und vier Kinder groß sind, und gib ihnen den Auftrag, ihren Platz in der Reihenfolge der Kläranlagen-Bausteine zu finden. Ich habe für dein passendes Tafelbild dazu sieben Bilder für dich vorbereitet, aus denen die Gruppen das richtige auswählen sollen und dann in der richtigen Reihenfolge einsortieren sollen. 

 

Lass bei den Gruppenzusammensetzungen eventuell auch dein pädagogisches Geschick zum Einsatz kommen, denn diese werden sich durch die ganze Sequenz ziehen und sollten daher nicht von vornherein zu viel Konfliktpotential bergen.

 

Als nächstes wirst du den Kindern offenbaren, dass du mit ihnen auch einen Besuch in der Kläranlage vorhast und sie daher gleich mit Herrn Rechen telefonieren werden. Schließlich muss so ein Ausflug ja geplant werden! Mit der einfachen Ausstattung, die ich dir in Beitrag 17 empfehle, klappt hier sogar ein Video-Anruf (das kennst du vielleicht als FaceTime-Anruf oder von Skype). Herr Rechen und deine Schüler können sich also gegenseitig beim Anruf sehen. Als Vorbereitung, bevor das Telefonat zustande kommt, können die Gruppen explorieren, was sie alles von Herrn Rechen wissen möchten. Das könnte zum Beispiel sein:

 

  • spezielle Fakten über die einzelnen Bausteine der örtlichen Kläranlage.
  • den konkreten Ort des Kläranlagen-Bausteins
  • oder Fragen über die Aufgaben von Herrn Rechen

Und du als Lehrer kannst noch ergänzen: “Herr Rechen, dürfen meine Schüler auch Videos von einzelnen Bausteinen drehen?” Warum erkläre ich dir später, aber Herr Rechen wird aufgrund deines ersten Anrufs bei ihm bestimmt ja sagen.

 

 

Während des ganzen Gesprächs spielen Elemente wie die Netiquette (also einer höflichen Online-Kommunikation) und das Planen eines Dialogs mit hinein. Und die Stunde endet mit einem Ausblick für die Gruppen, dass sie ihr Wissen zu ihrem Lieblings-Baustein weiter vertiefen werden.

Verwendete Stunden für diesen ersten Schritt im Unterricht: 

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Schritt 2: Erstellung eines digitalen Referats

Das Präsentieren habe ich dir bereits in Beitrag 12 ausführlich erklärt. Hier kannst du darüber hinaus so voranschreiten, wie du es beim Erstellen eines Referats mit deinen Kindern ohnehin gewohnt bist. Inhaltlich vertieft jede Gruppe ihr Wissen über den jeweiligen Kläranlagen-Baustein. Dazu können sie das bereits bekannte Material aus der ersten Hausaufgabe zu Rate ziehen oder auf weitere Materialien zurückgreifen.

 

Verwendete Stunden für diesen zweiten Schritt im Unterricht (etwas länger, wenn die Kinder zum ersten Mal so arbeiten): 

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Schritt 3: Planung eines Erklärvideos

Jetzt erfahren deine Kinder von dir, dass ihr Referat nur fast fertig ist. Eine Folie fehlt noch! Aber Erstellen werden sie diese erst beim Besuch der Kläranlage. Denn zur Unterstützung ihres Referats sollen die Schüler ein Erklärvideo ihres Kläranlagen-Bausteins vor Ort drehen – immer ganz konkret an der richtigen Station. Und unter Produktions-Druck, da das perfekte Video möglichst schnell entstehen soll. Denn die Klasse wird schließlich nicht ewig in der Kläranlage zu Besuch bleiben.

 

Warum sie das machen sollen? Das werden vielleicht auch deine Kinder wissen wollen. Der Grund ist, dass auch andere Schüler aus der Klasse oder der Schule davon profitieren sollen und von den so erstellten Materialien lernen können dürfen. So werden deine Kinder zu Medien-Produzenten und stehen mit einer ganz anderen Ernsthaftigkeit hinter dem Projekt. Daher werden in dieser dritten Phase die Gruppen die Erklärvideos in der Schule genau planen. Sie beginnen normalerweise mit einem Probieren, werden dann mit dir reflektieren, und anschließend ihre Erklärvideo-Vorbereitungen perfektionieren. Für die Durchführung sollte einer aus der Gruppe der Sprecher sein, ein anderer der Kameramann und ein Dritter der Regisseur, der alles im Blick haben muss und auf die Einstellungen achtet. Gegebenenfalls kann ein vierter Schüler den Regisseur als Assistent unterstützen oder als zweiter Sprecher auftreten.

 

Beim Experimentieren der Erklärvideo-Erstellung sollen die Gruppenmitglieder an einem Ort in der Schule so tun, als würden sie in Echt vor ihrem Kläranlagen-Baustein stehen und sprechen, was an dieser Station passiert.

 

Das setzt zum Einen wieder eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema voraus, denn das Sprechen des passenden Textes muss inhaltlich stimmen, gut vorbereitet werden und verfestigt sich durchs stetige Üben des Erklärvideos immer mehr. Zum Anderen spielen hier zahlreiche mediale Gestaltungselemente mit hinein: Welche Kameraperspektive wähle ich? Bewege ich die Kamera? Setze ich den Zoom ein? Welchen Bildausschnitt brauche ich? Wo sollten die Sprecher stehen? Welche Auswirkungen hat der Lichteinfall? Verdecke ich beim Drehen das Mikrofon? Bin ich nah genug an den Sprechern, um alles zu verstehen? 

 

Keine Sorge, nicht nur du kannst das nicht alles von Anfang im Blick haben – auch deine Schüler werden das natürlich nicht auf Anhieb schaffen. Aber das wird das Spannende bei der Reflexionsphase: Hier sollen die Gruppen ihr bis dato bestes Video den Mitschülern zeigen. Die ersten Videos werden nicht perfekt sein, daher wird den Kindern und dir beim Betrachten auffallen, was gut ist oder was noch zu verbessern ist. Wenn zum Beispiel ein Video gegen die Sonne aufgenommen worden ist, werden die Sprecher nur als schwarze Umrisse zu erkennen sein. Dann gilt es, eine Empfehlung für eine Berücksichtigung des Sonnenstandes auszusprechen, woran man sonst vielleicht nicht gedacht hätte.

 

 

Nach dieser Phase werden die Kinder noch einmal ihre Probe-Erklärvideos aufnehmen und beim abschließenden Betrachten werden eindeutige Fortschritte zu erkennen sein. Die Kinder sind damit für den Ausflug gewappnet und müssen nur noch die Smartphones oder Tablets einpacken.

 

Verwendete Stunden für diesen dritten Schritt im Unterricht: 

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Schritt 4: Erstellung eines Erklärvideos

Vor Ort empfehle ich dir, dass alle Kinder gemeinsam mit Herrn Rechen die Führung durch die Kläranlage mitmachen. Nach dem Besuch einer bestimmten Station hat dann aber die jeweilige Gruppe die Gelegenheit, ihr Erklärvideo zu drehen. So stören die anderen Schüler beispielsweise nicht durch Hintergrundgeräusche. Die Gruppe selbst weiß jedoch, dass sie nicht zu lange der Führung hinterher hängen darf – der Lehrer hat ja Aufsichtspflicht und muss sie noch sehen können. 

 

In der Kläranlage ist also der Moment der Wahrheit gekommen und die Gruppen erstellen unter einem gewissen Druck ebenjenes Video, für das sie in der Schule so geübt haben. Damit am Ende möglichst viele Kinder davon profitieren können!

 

Verwendete Stunden für diesen vierten Schritt (für den Ausflug, den du wahrscheinlich ohnehin gemacht hättest): 

10

Schritt 5: Vorstellung der Referate

Jetzt wird noch das Video in die letzte Folie der Präsentation eingesetzt. Eine Nachbearbeitung des Videos wäre zwar möglich, halte ich aber für zu aufwändig und nicht gewinnbringend. Die fertigen Präsentation werden der Klasse nun vorgetragen, womit die anderen Schüler einen weiteren Einblick in die anderen Bereiche der Kläranlage erhalten.

 

 

Anschließend werden die Präsentationen auf die Homepage der Schule hochgeladen, damit sie allen Schülern zugänglich sind. Sollte dies nicht möglich sein, wäre es auch eine Option, den Kindern am Nachmittag Zugriff auf die Medien, auf denen die Präsentationen gespeichert sind, zu gewähren. Beim Hochladen und Erstellen vor Ort sollten auf jeden Fall aber Themen des Datenschutzes thematisiert werden: Da die Kinder so im Internet sichtbar werden, sind Genehmigungen von den Eltern notwendig.  

 

 Und bereits vor Ort musste man Herrn Rechen erst um die Erlaubnis bitten, das Video drehen zu dürfen; und auch (oder vor allem) die Kinder selbst sollten erfahren, dass sie jederzeit das Recht haben, dass das Video wieder gelöscht werden kann, falls sie eine Veröffentlichung irgendwann nicht mehr möchten. 

 

Verwendete Stunden für diesen fünften Schritt im Unterricht: 

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Schritt 6: Vorbereiten auf die Probe

Letztlich sind die Kinder Experten für “ihre” Station geworden, haben aber nur einen überblicksartigen Eindruck in die Funktion der anderen Stationen. Durch die Vorstellung der einzelnen Präsentation inklusive dem Erklärvideo im Klassenzimmer wird dies zwar gelöst – aber nicht umfassend, da sich kein Kind so schnell die Informationen so einprägen wird, dass es darüber einen Test schreiben kann. Oder viel wichtiger: Nachhaltig versteht, wie eine Kläranlage insgesamt funktioniert.

 

 

Durch das Hochladen der Präsentationen auf die Homepage wurden die Präsentationen mit ihren Erklärvideos für alle Kinder der Klasse jederzeit abrufbar. Die Schüler können sich dort also beliebig oft und in individueller Geschwindigkeit mit dem Thema auseinandersetzen. Und mit den Erstellern sowie dem Lehrer darüber kommunizieren und diskutieren. 

 

Statt eines klassischen Hefteintrages bereiten sich die Kinder auf diese Weise auf eine Probearbeit vor, wie sie sich in ihrer Pubertät auf das Erlernen ganz anderer (unterrichtsferner) Dinge spezialisieren: mit dem Betrachten von Videos! Nur so lernen sie zu einem Zeitpunkt, an dem sie dafür noch zugänglich sind, wie man diese Möglichkeit auch für die Weiterbildung schulspezifischer Inhalte einsetzen kann.

 

Verwendete Stunden für diesen sechsten Schritt im Unterricht: 

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(statt sonst 2) 

Schritt 7: Die abschließende Klassenarbeit

Klar wirst du zum Abschluss deiner Kläranlagen-Sequenz auch noch eine Probe schreiben. Aber viel wichtiger ist: Von all dem Material, dass deine Kinder im Laufe dieser Unterrichtsstunden erstellt haben, werden auch die nächsten Schüler profitieren, die mit dir oder einem anderen Lehrer etwas Derartiges planen. 

 

Denn dadurch, dass du ein Vorbild geschaffen hast (wie mit den Erklärvideos) können andere sich davon inspirieren lassen, sich an diese Videos vom Aufbau her anlehnen und selber etwas noch Besseres erstellen. Das ist wie mit dem Weitergeben und Verbessern von Dingen über Generationen hinweg! Und das ist ein Element, das deinem Unterricht ohne Flipped Classroom normalerweise fehlt, weil nur du selbst darüber verfügst!

 

Verwendete Stunden für diesen siebten Schritt im Unterricht: 

10

 

Insgesamt hast du für diese Sequenz also vielleicht zehn Stunden mehr benötigt als ohne diese Art der digitalen Arbeit. Aber im Gegenzug hast du auch vieles initialisiert, von dem du und deine Schüler im weiteren Verlauf profitieren können!

 

Zum Beispiel  habe ich auch heute wieder das Thema Flipped Classroom angerissen, aber wie der ganz genau funktioniert, dazu bekommst du detaillierte Infos in meinem Beitrag Nummer 15. 

 

 

Und auch wenn du mit einer solchen Kläranlagen-Sequenz wirklich viel aus dem Medienkonzept abdeckst, so wird die Medienerziehung dennoch für deine Schüler nachhaltiger und bewusster, wenn deine Arbeit mit Medien nichts einmaliges bleibt.

 

Passend zum heutigen Beitrag hier die Downloads:

 

Viel Spaß damit, ich werde nach und nach immer mehr Content für dich bereitstellen. Freu dich drauf!

 

 

 

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