Vielleicht hast du auch schon von Erklärvideos oder Lernvideos gehört. Dies können kleine Filmchen etwa auf YouTube sein, in denen etwas erklärt wird – zum Beispiel wie man sich richtig schminkt, wie ein Balltrick in einem Computerspiel wie FIFA funktioniert oder wie man sich selbst das Tanzen beibringt.
Diese Erfahrung hat auch Adilyn Malcolm gemacht, die sich Tausende von Videos auf YouTube angeschaut hat, in denen Dubstep getanzt wird. Die Bewegungsabläufe hat sich in Eigenregie trainiert und schaffte es innerhalb eines Jahres bereits mit 12 Jahren auf ein erstaunliches Level. Als virtuelle Trainer diente Adilyn unter anderem der Tänzer Marquese Scott, der auf YouTube fast 1,8 Millionen Follower hat.
Im folgenden schönen Video berichtet Adilyn selbst davon:
Mittlerweile ist Adilyn 14, aber wie sie selbst schon meinte: Ein paar der Argumente für Erklärvideos sind für den Lernenden die Möglichkeit, das Video in einer selbst gewählten Geschwindigkeit anzusehen, es zu einem selbst gewählten Zeitpunkt anzusehen, es so oft, wie er will, anzusehen und zu jedem Zeitpunkt zu pausieren oder vor und zurück zu spulen. Darin stecken enorme Potentiale, die auch die Arbeit eines Lehrers sehr unterstützen können.
Als zusätzliche Maßnahme kann ich mit Erklärvideos eine hohe Passung an die Lernsituation der Kinder ermöglichen, und mir den motivationalen Charakter zu Nutzen machen. Mit Erklärvideos entstehen also besondere didaktische Möglichkeiten für die Förderung verschiedener Kompetenzen. Die schnell verfügbare und leicht einsetzbare Kamera an Tablets oder Smartphones ermöglicht es, mit geringem Aufwand Fotos, Videos, Zeitlupenaufnahmen oder auch einfach nur Tonaufnahmen zu erstellen. All das war früher mit einem großen Aufwand verbunden, das Erstellen von Erklärvideos hat sich zum Glück aber enorm vereinfacht.
In diesem Beitrag möchte ich dir die 5 Schritte aufzeigen, wie auch du Erklärvideos erstellen kannst, falls du deren Potential nutzen möchtest. Und keine Sorge: Wenn du loslegst, hat keiner die Erwartung, dass du dabei ein super-ästhethisches oder extrem hochwertiges Video erstellst!
Ohnehin: Für ein gutes Video brauchst du vielleicht eine halbe Stunde. Um aus einem inhaltlich guten Video aber ein rundum sehr gutes Video zu machen, kommst du schnell auf zweieinhalb Stunden Arbeitszeit.
Das ist gutes Beispiel für die 80/20-Regel, die besagt, dass du mit 20% der Zeit ein zu 80% Prozent gutes Ergebnis ablieferst. Und das reicht! Vor allem für ein Erklärvideo, dessen Erstellung nicht dein Hauptberuf ist, sondern deine Arbeit unterstützen soll. Da lohnt es nicht, nochmal 80% an Zeit reinzustecken, um ein 20% besseres Ergebnis zu erzielen. Keep it simple ;) Dann wirst du sowohl Freude beim Erstellen der Videos haben UND gleichzeitig werden deine Schüler dadurch eine starke Unterstützung erfahren können.
Mir ist in einem Video immer wichtig, dass ein einzelner Inhalt knapp und überschaubar ist. Ich versuche mich selbst stets auf ein bis zwei Minuten zu beschränken, so ist auch das Betrachten für die Schüler leichter. Daher brauchst du für den konkreten Inhalt eines Videos wirklich nur einen kleinen Teil-Inhalt, zu dem deine Schüler mit einem Erklärvideo eine gute Unterstützung bekommen sollen.
Ich habe zum Beispiel als Erstes ein Video zur Parallelität erstellt, weil meine Schülern in ihrer eigenen Geschwindigkeit lernen sollten, wie man mit einem Geo-Dreieck parallele Linien zeichnet.
Bevor ich aber mit dem Drehen des Videos begonnen habe, habe ich erstmal das, was ich aussagen wollte, gedanklich durchgespielt. Simpel wollte ich es halten, aber mit einem guten Inhalt sollte es natürlich sein. Daher habe ich mir einfach vorgestellt, was ich am liebsten tun und sagen wollen würde, wenn jetzt neben mir ein Schüler sitzen würde, der zwar nicht mit mir reden kann, aber nach dem Video eine parallele Linie zeichnen können soll.
Das Ergebnis kannst du dir schon mal anschauen. Wenn du auf den Link klickst, findest du zunächst mein Video zu Senkrechten und in der unteren Hälfte zu Parallelität.
Diese gedankliche Vorbereitung, in der ich mir genau vorgestellt habe, wie ich einem Kind diesen Inhalt erklären wollen würde, ist etwas, was dir als Lehrer natürlich nicht besonders schwer fallen wird – das machst du schließlich nahezu täglich ;) Aber daraus ergibt sich ganz automatisch, dass ich weiß, welche Materialien ich für en Dreh des Videos benötige.
Im konkreten Fall mit der Parallelität waren es Dinge, die wirklich schnell vorbereitet waren: Ein weißes Blatt Papier mit zwei parallelen Geraden, in zwei verschiedenen Farben. Ein Bild einer Eisenbahnlinie. Zwei kleine weiße Blätter, auf denen ich handschriftlich die in meinen Augen wichtigsten Textstellen meines Vortrags noch einmal festgehalten habe. Ein Geodreieck. Und noch ein leeres Blatt Papier und zwei Stifte.
Also wirklich kein Hexenwerk. Und klar hätte ich meine Textkärtchen schön am Computer ausdrücken können. Oder laminieren können. Oder auf farbiges Papier schreiben können. Das hätte es alles schöner gemacht. Aber hey, keep it simple ;) Mach den Aufwand so, dass für dich das ideale Ergebnis rauskommt – in der angemessenen Zeit.
Das gilt auch für die Aufnahme. Du musst kein Filmstudio zuhause einrichten, bevor den Aufnahmeknopf drücken kannst. Es gibt viele Möglichkeiten, mit wenigen Mitteln schnell zum Erfolg zu kommen.
Am Anfang habe ich meine Frau gebeten, mir zehn Minuten ihrere Zeit zu schenken und das Handy während der Aufnahme zu halten. Dann habe ich irgendwann angefangen, die Kamera des Laptops zu benutzen, damit ich die Videos auch erstellen konnte, wenn sie gerade nicht da war. Möglich ist auch die Screen-Recording-Funktion des Handys oder Tablets zu nutzen, falls man etwas auf einem Gerät zeigen oder erklären möchte. Oder das Handy so aufzustellen, dass du selbst beim Erklären vor einer Wand zu sehen bist.
Kurz gesagt: Stecke auch hier nicht zu viel Arbeit rein, finde den Weg, der für dich funktioniert. Um vielleicht dafür noch ein anderes – verrücktes, aber perfekt funktionierendes – Beispiel zu nennen: Ich habe schon gesehen, wie jemand seinen Backofen für Erklärvideos benutzt ;) Der Tisch war quasi die geöffnete Backofen-Tür und das Handy lag auf der obersten Schiene, dem Gitterrost, den man herausfahren konnte. Dadurch konnte die Handy-Kamera durch zwei Gitterstäbe nach unten auf die geöffnete Backofentür filmen. Dafür bekommst du keinen Oscar, aber deine Schüler bekommen eine echte Hilfe!
Bei diesem Schritt hast du im besten Falle die Möglichkeit, ihn einfach zu überspringen ;) Wie wichtig dieser Schritt für dich ist, würde ich davon abhängig machen, wie viel Erfahrung du schon im Schneiden und Bearbeiten von Filmaufnahmen hast. Wenn du keine hast: dann verzichte, das hat wirklich keine Priorität!
Ich selbst habe zu Beginn noch den Anfang und den Schluss meiner Videos gekürzt, weil man dort sehen konnte, wie ich den Aufnahme-Knopf drücke. Aber mittlerweile ist mir das nicht mehr wichtig, denn es ändert nichts an der inhaltlichen Qualität des Videos.
Aber falls du doch das eine oder andere an deinen Videos im Nachhinein ändern möchtest, dann kann ich dir für Apple auf jeden Fall iMovie empfehlen, das ist relativ intuitiv dafür.
Wenn du deine Erklärvideos nicht via USB-Stick für deine Schüler verfügbar machen möchtest, dann kommst du kaum um das Internet herum. Möglich sind hierfür ein Dropbox-Link ein eigener YouTube-Kanal oder idealerweise einfach die Homepage deiner Schule. Frag doch einfach mal die- oder denjenigen bei Euch im Kollegium, der für die Aktualisierung der Schul-Homepage zuständig ist und bitte ihn um das Hochladen deines Videos.
Vielleicht kann er dann auch gleich eine eigene Erklärvideo-Abteilung eröffnen? Also so etwas wie die Sprechstunden-Seite, nur eben extra für dich und alle Kollegen, die Erklärvideos auf die Homepage stellen wollen? Damit möglichst viele andere Kinder eurer Schule davon profitieren können!
Einfach loslegen!
Zu den beiden letzten Punkten werde ich auch noch eigene Blog-Einträge schreiben, damit du hierfür genauere Tipps bekommst. Auch zur Erstellung selbst könnte ich noch viel ergänzen, zum Beispiel wie du mit Apps wie PuppetPals oder MyTalkingAvatar leicht kreativere Lernvideos erstellen kannst. Oder wie du deine Schüler selbst solche Videos erstellen lässt und sie dadurch zum Lehrer für andere werden.
Aber das würde heute den Rahmen sprengen. Fürs Erste hoffe ich, dass ich die Hürden, mit der Erstellung eines Erklärvideos loszulegen, möglichst klein gemacht habe.
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